Lohnt sich der Umstieg auf SAP BW/4HANA noch?
- Allgemein
- Daniel Polzin
SAP hat angekündigt, den Support für einige weit verbreitete Lösungen 2027 auslaufen zu lassen. Dazu gehört auch das SAP BW 7.5. Viele Bestandskunden stehen damit vor der grundsätzlichen Entscheidung, auf welche Data Warehouse Technologie sie nach dem Jahr 2027 setzen sollen. Lohnt es sich, jetzt auf SAP Datasphere umzusteigen oder ist eine Migration auf SAP BW/4HANA die bessere Alternative? In diesem Blog werden wir die strategische Ausrichtung von SAP näher betrachten und die Punkte benennen die nach wie vor für eine Migration auf SAP BW/4HANA sprechen.
Die Data Warehousing Strategie von SAP
SAP bietet derzeit mit SAP BW/4HANA und SAP Datasphere zwei unterschiedliche Data Warehouse Lösungen an. SAP BW/4HANA ist der Nachfolger des bewährten SAP Business Warehouse und kann sowohl on-premise als auch in der Private Cloud betrieben werden. SAP Datasphere hingegen ist eine moderne Cloud Data Warehouse Lösung, die die Funktionen eines zentral organisierten Enterprise Data Warehouse um Self-Service-Funktionen für die Fachbereiche erweitert. Das Produkt wird ausschließlich in der Public Cloud angeboten.
SAP verfolgt auch im Bereich Data Analytics einen Cloud-First-Ansatz. Der strategische Fokus liegt auf dem Produkt SAP Datasphere. Zukünftige Innovationen und Weiterentwicklungen sind nur hier zu erwarten. SAP baut SAP Datasphere strategisch zu einer offenen Datenplattform aus.
Aufgrund der Cloud-Fokussierung sind hingegen keine größeren Neuerungen im SAP BW/4HANA mehr zu erwarten. Weiterentwicklungen sind derzeit nur für hybride Szenarien (Kombination von SAP BW/4HANA und SAP Datasphere) geplant. SAP hat jedoch eine langfristige Wartungszusage bis 2040 gegeben, da das Produkt bei vielen Kunden einen zentralen Bestandteil ihrer BI-Landschaft darstellt und sich die Technologie bewährt hat.
Viele Kunden beobachten die weitere Entwicklung
Die beiden Technologien (On-Premise vs. Cloud) unterscheiden sich technisch und konzeptionell grundlegend. Daher kommt der Migrationsstrategie eine entscheidende Bedeutung zu. Viele Unternehmen haben ein über Jahre gewachsenes System mit zahlreichen Anwendungen im Einsatz und stellen sich die Frage, wie sie diese Investitionen in die Cloud migrieren können und ob alle bestehenden Funktionalitäten auch in der Cloud unterstützt werden. Hier besteht seitens SAP noch Handlungsbedarf. Die Datasphere verfügt derzeit noch nicht über den Reifegrad eines SAP BW bzw. SAP BW/4HANA und wird von vielen Kunden noch nicht als Enterprise-Ready eingestuft. Es ist auch nicht geplant, alle Funktionen von SAP BW/4HANA in Datasphere abzubilden. Auch in Bezug auf die Migration gibt es noch einige offene Fragen. SAP bietet mit der BW Bridge ein Migrationstool an. Allerdings können damit bisher nur Datenmodelle migriert werden, nicht aber die dazugehörigen Queries. Letztere enthalten jedoch bei vielen Kunden einen Großteil der Geschäftslogik.
Beide Umstände führen dazu, dass viele Kunden die anstehende Technologieentscheidung aufschieben und abwarten, ob die Datasphere in den nächsten Jahren den entsprechenden Reifegrad erreicht und es einen vollständigen Migrationspfad gibt.
SAP BW/4HANA als Übergangslösung
Aufgrund des Wartungsendes sollten sich Unternehmen bis Ende 2024 entscheiden. Nur so ist ein reibungsloser Übergang gewährleistet. Für SAP BW (on HANA) Kunden stellt sich somit die Frage, ob sich eine Migration auf ein SAP BW/4HANA lohnt. Die Antwort auf diese Frage ist sehr individuell und kann nicht pauschal für jedes Unternehmen beantwortet werden. Aus diesem Grund möchten wir im folgenden Abschnitt einige Argumente auflisten, die für oder gegen eine Migration sprechen.
Gründe für eine Migration auf SAP BW/4HANA
Reifegrad
SAP BW/4HANA wurde 2016 auf den Markt gebracht. Das Produkt basiert auf dem SAP Business Warehouse, wurde aber vollständig für die Nutzung der HANA-Datenbank von SAP optimiert. Die Technologie ist ausgereift und hat sich bei vielen Kunden in unterschiedlichsten Systemlandschaften bewährt. Das System verfügt über einen sehr umfangreiche Funktionalitäten, die im Laufe der Jahre entsprechend den Kundenanforderungen erweitert wurden.
Investitionssicherheit
Viele Bestandskunden haben im Laufe der Jahre erhebliche Investitionen in ihr stetig gewachsenes SAP Business Warehouse getätigt. Der Aufwand für die Migration von Entwicklungen auf Systeme, die auf anderen Technologien basieren, ist in der Regel sehr hoch. Mit dem Support für SAP BW/4HANA bis 2040 bietet SAP seinen Kunden langfristigen Investitionsschutz und Planungssicherheit. Unternehmen haben so die Möglichkeit, die weitere technologische Entwicklung zu beobachten und die Situation in einigen Jahren neu zu bewerten.
Vorbereitung für die SAP Datasphere
SAP bietet mit BW Bridge einen Migrationspfad vom Business Warehouse bzw. BW/4HANA zur Datasphere. Bei der BW Bridge handelt es sich um einen Service, der in der Datasphere gebucht werden kann und aus technologischer Sicht ein BW/4HANA in der Cloud darstellt. Der Funktionsumfang der BW Bridge beschränkt sich jedoch auf Datenintegration und -management. Analytische Funktionen stehen nicht zur Verfügung. Bestehende Datenmodelle im Business Warehouse oder in BW/4HANA werden in diesem Fall in die BW Bridge migriert. Unternehmen, die bereits eine Migration auf BW/4HANA durchgeführt haben, haben einen deutlich geringeren Migrationsaufwand. Denn ihr System ist bereits mit der BW Bridge kompatibel. Kunden mit einem SAP Business Warehouse müssen hingegen noch die notwendigen Konvertierungen in ihrem System durchführen.
Gründe gegen eine Migration auf SAP BW/4HANA
Technologische Grenzen
Auch wenn SAP Erweiterungen für BW/4HANA plant, sind der Architektur eines zentral administrierten Data Warehouses Grenzen gesetzt. Moderne Ansätze wie Self-Service oder Low-Code werden nur in Kombination mit anderen Systemen wie SAP Analytics Cloud oder Datasphere realisiert werden können. SAP hat klar kommuniziert, dass Datasphere der strategische Investitionsschwerpunkt ist. BW/4HANA wird vor allem für die Realisierung hybrider Szenarien erweitert.
Migrationsaufwand
Der Aufwand für die Migration von BW/4HANA ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich hoch und wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Insbesondere die Komplexität des bestehenden Business Warehouse und das Ziel der Migration haben einen erheblichen Einfluss. Häufig ist es nicht sinnvoll die Datenmodelle und Datenflüsse ohne eine Remodellierung zu übernehmen, weil sich damit die Potentiale einer grundlegenden Architekturänderung nicht ausschöpfen lassen. In jedem Fall ist die Einführung von BW/4HANA ein umfangreiches Vorhaben, welches einer gründlichen Planung und Vorbereitung bedarf.
Lizenzmodell
Das Lizenzmodell von BW/4HANA ist komplex und unterscheidet sich vom SAP Business Warehouse. Für die Planung ist mit SAP Business Planning & Consolidation eine zusätzliche Lizenz erforderlich. Darüber hinaus ist in der Lizenz für BW/4HANA kein Frontend enthalten. Für die Erstellung von analytischen Berichten und Dashboards müssen die Kunden auch hier zusätzliche Lizenzen z.B. für die SAP Analytics Cloud oder SAP Analysis for Microsoft Office erwerben. Je nach Einsatzzweck, kann die Migration auf BW/4HANA mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein.
Fazit:
Viele Bestandskunden wünschen sich derzeit mehr Unterstützung bei der Migration in die Cloud und mehr Klarheit darüber, ob die von ihnen genutzten Funktionen in die Datasphere integriert werden. Die Migration auf BW/4HANA verschafft den Unternehmen mehr Zeit, um die weitere Entwicklung von Datasphere zu beobachten oder mittelfristig bei einem On-Premise-System zu bleiben.
Daniel Polzin
Ich bin SAP BI Architekt und Geschäftsführer bei Wedobi. Mein Spezialgebiet sind Reporting- und Planungsanwendungen im SAP Business Warehouse und in der SAP Analytics Cloud. In meiner Freizeit lese ich gerne und fahre Rennrad. Wenn du Fragen zu diesem Blog hast, kannst du mich gerne kontaktieren.
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